Mit ihrem leicht rundlichen Gesicht, der kräftigen Nase und den starken Augenbrauen wirkt diese junge Dame bodenständig und provinziell.
Entspannt gegen einen Holztisch gelehnt und ihren linken Unterarm bequem auf der Tischplatte abgestützt, schaut die Dame dem Betrachter ruhig in die Augen. Ein Teil ihres Oberkörpers ist von einem ovalen Fächer mit Bambusmotiv bedeckt, den sie in ihrer rechten Hand hält. Gut sichtbar ist ihre gepflegte Hand mit dem langen Fingernagel, ein Zeichen ihrer gehobenen Stellung.
Das Gesicht der jungen Dame ist leicht rundlich, die vergleichsweise breite Nase und die ausdrucksstarken, kräftigen Augenbrauen in Form eines breiten Sichelmondes, entsprechen nicht dem aristokratischen, höfischen Schönheitsideal, sondern vermitteln einen ländlichen, ja bodenständiges Eindruck. Gemäß der Make-up-Mode der späten Qing-Zeit, ist ihr Gesicht weißgepudert und die Unterlippe in der Mitte rot bemalt, um gezielt den Eindruck eines „Kirschmundes“ zu erzeugen.
Auch die Frisur mit dem schmalen Pony und den streng zurückgekämmten Haaren entspricht der Mode dieser Zeit. Der üppige Haarschmuck mit Schmetterlingsmotiv und einem Diadem aus glitzernden Steinen ist an einer enganliegenden, schwarzen Haarkappe befestigt.
Der edle Seidenstoff des bis zur Hüfte geschlitzten Qipao-Kleides ist von dezenten Grautönen durchwoben, an Ärmeln und Kragen sind aufwendige Blüten- und Mäandermustern kontrastreich appliziert.
Ein Blickfang des insgesamt in schlichten Farben gehaltenen Bildes ist das leuchtend rote, mit hellen Blütenmotiven bestickte Taschentuch, das auf dem Tisch ausgebreitete liegt. Tücher dieser Art stellen ein unverzichtbares Accessoire jeder chinesischen Dame dar und dienen sowohl zum Schutz der Kleidung als auch zum Wegwischen der unvermeidbar fließenden Tränen. Auf diesem Bild wirkt das Tüchlein auffallend kokett, geradezu herausfordernd.
Der dunkle Fleck oberhalb des rechtes Auges ist auf einen Wasserschaden des Bildes zurückzuführen. Das Bild stammt möglicherweise aus der Provinz Shandong.
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